Evening Sale, Modern, Post War & Contemporary
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24.11.2023 -
27.11.2023
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Los 45 | Max Beckmann | Monte Carlo
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BECKMANN, MAX
1884 Leipzig - 1950 New York
Titel: Monte Carlo.
Datierung: 1936.
Technik: Öl auf Leinwand.
Maße: 64,5 x 107cm.
Bezeichnung: Signiert und datiert unten rechts: Beckmann 36.
Rahmen/Sockel: Modellrahmen.
Die Arbeit ist im Online-Werkverzeichnis "Max Beckmann - Catalogue Raisonné der Gemälde" unter der WVZ.-Nr. 438 aufgeführt (www.beckmann-gemaelde.org).
Provenienz:
- Atelier Max Beckmann
- Barbara Kempner, Berlin/USA (direkt vom Künstler, 1936 bis um 1996)
- Christie's, London, 9.10.1997, 5859. Auktion, Lot 210
- Privatsammlung Deutschland
Ausstellungen:
- Haus der Kunst, München 1968 (Aufkleber)
- Musée d'Art Moderne, Paris 1968 (Aufkleber)
- Palais de Beaux-Arts, Brüssel 1969
Literatur:
- Göpel, Barbara und Erhard/Tiedemann, Anja: Max Beckmann. Catalogue Raisonné der Gemälde - www.beckmann-gemaelde.org [letzter Zugriff: 19.09.2023.]
- Tiedemann, Anja (Hrsg.): Max Beckmann. Die Gemälde, Bd. 1 u. 2, Ahlen 2021, WVZ.-Nr. 438, Abb.
- Erhard u. Barbara Göpel: Max Beckmann. Katalog der Gemälde, Bd. 1 u. 2, Bern 1976, WVZ.-Nr. 438, Abb.
- Reifenberg, Benno/Hausenstein, Wilhelm: Max Beckmann, München 1949, WVZ.-Nr. 442 (hier betitelt mit "Südliche Hafenstadt")
- Piper, Klaus (Hrsg.): Nach fünfzig Jahren. Almanach, München 1954, S.177, Abb.
- Ausst.-Kat. Max Beckmann, Haus der Kunst, München 1968, Kat.-Nr. 59, Abb. (hier betitelt mit "Südliche Hafenstadt")
- Ausst.-Kat. Max Beckmann, Musée d'Art Moderne, Paris 1968, Kat.-Nr. 61 (hier betitelt mit "Port Méridional")
- Stehlé-Akhtar, Barbara: Wunschträume. Max Beckmann und die Cote d'Azur, in: Bucerius Kunst Forum, Hamburg 2003, S. 126-135
- Vgl. Ausst.-Kat. Max Beckmann. Menschen am Meer, Bucerius Kunst Forum, Ostfildern-Ruit 2003
- Herausragendes Beispiel für Beckmanns neue Lösungen für die Landschaftsmalerei
- Motiv der Côte d'Azur als Metapher für das verlorene Paradies
- Marktfrisches Gemälde mit lediglich zwei Vorbesitzern
Als Max Beckmann 1936 begann, eine Reihe von Mittelmeerlandschaften zu malen, war er vom Süden weit entfernt, zuerst in Berlin, ab 1937 im Amsterdamer Exil, wo er zehn Jahre lang ausharren musste. Erst 1947 konnte er nach Amerika auswandern. Nachdem er Deutschland unter den ihm feindlichen politischen Verhältnissen 1937 verlassen hatte, betrat er nie wieder deutschen Boden.
Der Süden Europas war sehr häufig das Ziel von Beckmanns Reisen gewesen. Zuerst kam er 1906 nach Florenz in die Villa Romana. 1913 besuchte er Venedig. Seit den 20er Jahren waren es die italienischen Küsten, die ihn anzogen und zu Gemälden und Papierarbeiten inspirierten. Im Jahr 1924 war Pirano bei Triest an der Adria das Reiseziel, danach fuhr Beckmann in die Badeorte in der Toskana, z. B. nach Viareggio, aber es ging 1925 auch nach Neapel, Rom und nochmals nach Viareggio. Ab 1930 hielt er sich an der französischen Mittelmeerküste auf, in Cap Martin, Pic d'Aigle, Nizza, Chateau d'If, Marseille, Saint-Cyr-sur-Mer. 1926 besuchte er Paris, Genua, Spotorno, es folgte 1927 Rimini. Von 1932 bis 1937 fuhr er nach Paris und erst 1938 wieder nach Bandol an die Mittelmeerküste. Nach dem Krieg besuchte Beckmann 1947 noch einmal Nizza, ehe er nach Amerika emigrierte.
Während der Jahre nach 1936 entstanden nicht weniger als 23 Gemälde mit Motiven vom Mittelmeer. Nach der letzten Nizza-Reise 1947 entstanden noch drei weitere Gemälde. Das Motiv mit dem Jardin Exotique aus Monte Carlo ist aus der Verbindung von Erinnerung und Ansichtspostkarten der französischen Riviera entstanden. Aus dem Nachlass von Quappi Beckmann ist ein Stapel solcher Ansichten in das Münchener Beckmann-Archiv gelangt, die teilweise in Ausstellungskatalogen publiziert wurden (Hamburg 1998; Hamburg 2002/2003).
Beckmann hat oft im Jardin Exotique gestanden, weil er den Garten sehr liebte und den Ausblick aufs Meer genossen hat. Das Gelände wurde 1933 eingeweiht und besteht aus Pflanzen und Kakteen aus aller Welt. Die Wege wurden mit Felsbrocken befestigt. Es gibt eine Grotte als besondere Attraktion und eine Terrasse, die einen besonders spektakulären Blick über Monte Carlo und das Mittelmeer bietet. Als Beckmann den Garten während der 30er Jahre besuchte, war die Vegetation wohl noch nicht so üppig wie später. Die Agaven im Vordergrund und die Aleppo-Kiefer rechts sind noch nicht so weit, wie auf späteren Postkarten zu sehen. Die beiden steinernen Gegenstände links wirken wie ein Säulenstumpf und der aufragende Block wie ein Felsstück, das noch nicht verbaut wurde. Neben der großen Agave in der Mitte erkennt man in Aufsicht Sitzbänke und einen Stuhl an den Beinen, die im Rasen stehen. Dieser Vordergrund, vom Sandweg begrenzt, verbirgt das abfallende Gelände, so dass sich der ferne Blick auf Stadt und Meer umso eindrucksvoller zur Tiefe des Raumes öffnet. Viele Abstufungen von Blau und Weiß suggerieren eine unendliche Weite, nicht unähnlich dem Mittelbild des Triptychons "Abfahrt", das 1935 vollendet wurde.
Auf den Ansichtskarten von Monte Carlo sieht man an der Stelle, wo eine schwarze Fläche links von dem Binnengewässer liegt, den Schatten des Felsens, auf dem die Stadt ruht. Wie in anderen Landschaftsdarstellungen hat Beckmann sich nicht um topographische Genauigkeit bis ins Detail bemüht. Stattdessen boten ihm die Atmosphäre, der Raumeindruck des Südens und das besondere Licht den Anlass für Bilder. Aus diesem Grund verwandelte er die Häuser von Monte Carlo in Farbflecken, die in der flimmernden Sonnenglut wie eine zweite Natur wirken. Für seine Komposition war die Trennung zwischen vorne und unten besonders wichtig. Diese Aufgabe wurde einem Weg zugewiesen. Der gelb-weiße Sandweg läuft wie ein Band durch das breit gelagerte Querformat. Er trennt Nahsicht und Fernblick. Im Sand wird die Kraft der Sonne gespeichert, die ungehindert auf den Garten hinabstrahlt.
Der Landschaftsmaler Beckmann fand neue Lösungen für eine lange zurückreichende Tradition. Im 20. Jahrhundert wirkte diese Gattung der Malerei angesichts der starken abstrakten Strömungen seit Kandinsky, Mondrian, Malewitsch u. v. a. oft überholt. Wie Beckmann verließen Maler wie Pierre Bonnard, Henri Matisse oder Georges Rouault die klassische Perspektive und gestalteten den Raum nach neuen Vorstellungen, die wie bei Beckmann abstrahierende Erfahrungen und Lösungen einbezogen. Entgegen der perspektivischen Tradition betonte Beckmann mit der Anordnung der Komposition in quer gelagerte Streifen ein Übereinander der Raumpläne. Auf diese Weise ersetzte und milderte er das Hintereinander der traditionellen Raumdarstellung.
Die Sehnsucht der Nordeuropäer nach dem Süden datiert schon aus der Antike. Immer wieder fielen Germanen und andere Stämme nach Italien ein. Häufig verdingten sich die "Barbaren" als Söldner für verschiedene römische oder oströmische Herrscher. Sie drangen bis nach Nordafrika oder Spanien. In den Jahrhunderten nach dem Mittelalter führte die Sehnsucht nach Sonne, südlicher Vegetation und angenehmer Lebensart viele Generationen vor allem nach Italien. Wenn der Reiseweg Richtung Süden nach 1937 aus politischen Gründen versperrt war, blieb nur die Erinnerung und die Imagination der südlichen Küste. Die Gemälde der Jahre nach 1936 gestaltete Beckmann oft im Breitformat, als gelagerte Ansichten. Gerade das Gemälde von Monte Carlo von 1936 wirkt wie ein Fenster in die Vergangenheit, gesehen durch Erinnerung und photographische Beschwörung. Die Suche nach malerischer Schönheit brachte Panoramen mit strahlender Farbenpracht hervor. Das unterscheidet die südlichen Ansichten von den noch zahlreicheren Motiven von Nord- und Ostsee. Die Motive von dort wirken elementarer, wilder und dramatischer. Stürme, Gewitter, besondere Wolkenbildungen konnten zur Inspiration dienen. Diese gegensätzlichen Natureindrücke erforderten jeweils andere Kompositionen. Weder im Norden noch im Süden folgte Beckmann den topographischen Gegebenheiten wie die Vedutenmaler früherer Jahrhunderte. Ob die Pflanzen und Gegenstände im Vordergrund des Gemäldes von Monte Carlo in Wirklichkeit so verteilt waren, wie im Bild zu sehen, kann der heutige Betrachter nicht mehr in Erfahrung bringen. Es ist jedoch nur zu deutlich, dass der Baum rechts und das Dreieck aus Stein links wie Haltepunkte die Ränder der Komposition festhalten, so dass sich die Sicht auf Stadt und Meer umso eindrucksvoller in Szene setzen ließ.
Ungefähr zehn Jahre früher hatte Beckmann 1927 den Hafen von Genua, den er von Paris kommend 1926 gesehen hatte, gemalt. Dort eine belebte Hafenstadt, zu den Weltmeeren hin geöffnet. Hier in Monte Carlo das Paradies, eine Erinnerung an den biblischen Garten Eden.
Als Beckmann später in Amerika reiste, entstand 1950 eine Ansicht von San Francisco, wieder eine Stadt am Meer, diesmal den Pazifik. Diese energiegeladene Landschaft scheint zu vibrieren. An diesen Beispielen lässt sich gut Beckmanns Stilwandel über die Jahrzehnte verfolgen. Von dem kühlen Blick auf Genua, realisiert in einer geschmeidigen Farbe entwickelt sich nach 1930 ein lockerer Farbauftrag, der die Sachlichkeit der zwanziger Jahre verlässt. In seinem Todesjahr 1950 betonte Beckmann mit den kräftigen, schwarzen Konturen das Gerüst einer Komposition, wie die Ansicht von San Francisco zeigt. Das Gemälde mit dem Motiv aus Monte Carlo befindet sich in der Mitte dieser Entwicklung. Auch hier steht der Betrachter vor einem Stadtporträt. Dieses wurde jedoch überstrahlt von einer Sehnsucht nach dem wirklichen Erlebnis, das dem Maler verwehrt blieb.
Beckmanns Kunst drang in das Sichtbare ein, bis das Wesentliche eines Motivs erscheinen konnte. Garten, Weg, Stadt und Meer bilden eine farbengesättigte Welt, die von einem möglichen Glück träumt.
(Prof. Dr. Siegfried Gohr)
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1884 Leipzig - 1950 New York
Titel: Monte Carlo.
Datierung: 1936.
Technik: Öl auf Leinwand.
Maße: 64,5 x 107cm.
Bezeichnung: Signiert und datiert unten rechts: Beckmann 36.
Rahmen/Sockel: Modellrahmen.
Die Arbeit ist im Online-Werkverzeichnis "Max Beckmann - Catalogue Raisonné der Gemälde" unter der WVZ.-Nr. 438 aufgeführt (www.beckmann-gemaelde.org).
Provenienz:
- Atelier Max Beckmann
- Barbara Kempner, Berlin/USA (direkt vom Künstler, 1936 bis um 1996)
- Christie's, London, 9.10.1997, 5859. Auktion, Lot 210
- Privatsammlung Deutschland
Ausstellungen:
- Haus der Kunst, München 1968 (Aufkleber)
- Musée d'Art Moderne, Paris 1968 (Aufkleber)
- Palais de Beaux-Arts, Brüssel 1969
Literatur:
- Göpel, Barbara und Erhard/Tiedemann, Anja: Max Beckmann. Catalogue Raisonné der Gemälde - www.beckmann-gemaelde.org [letzter Zugriff: 19.09.2023.]
- Tiedemann, Anja (Hrsg.): Max Beckmann. Die Gemälde, Bd. 1 u. 2, Ahlen 2021, WVZ.-Nr. 438, Abb.
- Erhard u. Barbara Göpel: Max Beckmann. Katalog der Gemälde, Bd. 1 u. 2, Bern 1976, WVZ.-Nr. 438, Abb.
- Reifenberg, Benno/Hausenstein, Wilhelm: Max Beckmann, München 1949, WVZ.-Nr. 442 (hier betitelt mit "Südliche Hafenstadt")
- Piper, Klaus (Hrsg.): Nach fünfzig Jahren. Almanach, München 1954, S.177, Abb.
- Ausst.-Kat. Max Beckmann, Haus der Kunst, München 1968, Kat.-Nr. 59, Abb. (hier betitelt mit "Südliche Hafenstadt")
- Ausst.-Kat. Max Beckmann, Musée d'Art Moderne, Paris 1968, Kat.-Nr. 61 (hier betitelt mit "Port Méridional")
- Stehlé-Akhtar, Barbara: Wunschträume. Max Beckmann und die Cote d'Azur, in: Bucerius Kunst Forum, Hamburg 2003, S. 126-135
- Vgl. Ausst.-Kat. Max Beckmann. Menschen am Meer, Bucerius Kunst Forum, Ostfildern-Ruit 2003
- Herausragendes Beispiel für Beckmanns neue Lösungen für die Landschaftsmalerei
- Motiv der Côte d'Azur als Metapher für das verlorene Paradies
- Marktfrisches Gemälde mit lediglich zwei Vorbesitzern
Als Max Beckmann 1936 begann, eine Reihe von Mittelmeerlandschaften zu malen, war er vom Süden weit entfernt, zuerst in Berlin, ab 1937 im Amsterdamer Exil, wo er zehn Jahre lang ausharren musste. Erst 1947 konnte er nach Amerika auswandern. Nachdem er Deutschland unter den ihm feindlichen politischen Verhältnissen 1937 verlassen hatte, betrat er nie wieder deutschen Boden.
Der Süden Europas war sehr häufig das Ziel von Beckmanns Reisen gewesen. Zuerst kam er 1906 nach Florenz in die Villa Romana. 1913 besuchte er Venedig. Seit den 20er Jahren waren es die italienischen Küsten, die ihn anzogen und zu Gemälden und Papierarbeiten inspirierten. Im Jahr 1924 war Pirano bei Triest an der Adria das Reiseziel, danach fuhr Beckmann in die Badeorte in der Toskana, z. B. nach Viareggio, aber es ging 1925 auch nach Neapel, Rom und nochmals nach Viareggio. Ab 1930 hielt er sich an der französischen Mittelmeerküste auf, in Cap Martin, Pic d'Aigle, Nizza, Chateau d'If, Marseille, Saint-Cyr-sur-Mer. 1926 besuchte er Paris, Genua, Spotorno, es folgte 1927 Rimini. Von 1932 bis 1937 fuhr er nach Paris und erst 1938 wieder nach Bandol an die Mittelmeerküste. Nach dem Krieg besuchte Beckmann 1947 noch einmal Nizza, ehe er nach Amerika emigrierte.
Während der Jahre nach 1936 entstanden nicht weniger als 23 Gemälde mit Motiven vom Mittelmeer. Nach der letzten Nizza-Reise 1947 entstanden noch drei weitere Gemälde. Das Motiv mit dem Jardin Exotique aus Monte Carlo ist aus der Verbindung von Erinnerung und Ansichtspostkarten der französischen Riviera entstanden. Aus dem Nachlass von Quappi Beckmann ist ein Stapel solcher Ansichten in das Münchener Beckmann-Archiv gelangt, die teilweise in Ausstellungskatalogen publiziert wurden (Hamburg 1998; Hamburg 2002/2003).
Beckmann hat oft im Jardin Exotique gestanden, weil er den Garten sehr liebte und den Ausblick aufs Meer genossen hat. Das Gelände wurde 1933 eingeweiht und besteht aus Pflanzen und Kakteen aus aller Welt. Die Wege wurden mit Felsbrocken befestigt. Es gibt eine Grotte als besondere Attraktion und eine Terrasse, die einen besonders spektakulären Blick über Monte Carlo und das Mittelmeer bietet. Als Beckmann den Garten während der 30er Jahre besuchte, war die Vegetation wohl noch nicht so üppig wie später. Die Agaven im Vordergrund und die Aleppo-Kiefer rechts sind noch nicht so weit, wie auf späteren Postkarten zu sehen. Die beiden steinernen Gegenstände links wirken wie ein Säulenstumpf und der aufragende Block wie ein Felsstück, das noch nicht verbaut wurde. Neben der großen Agave in der Mitte erkennt man in Aufsicht Sitzbänke und einen Stuhl an den Beinen, die im Rasen stehen. Dieser Vordergrund, vom Sandweg begrenzt, verbirgt das abfallende Gelände, so dass sich der ferne Blick auf Stadt und Meer umso eindrucksvoller zur Tiefe des Raumes öffnet. Viele Abstufungen von Blau und Weiß suggerieren eine unendliche Weite, nicht unähnlich dem Mittelbild des Triptychons "Abfahrt", das 1935 vollendet wurde.
Auf den Ansichtskarten von Monte Carlo sieht man an der Stelle, wo eine schwarze Fläche links von dem Binnengewässer liegt, den Schatten des Felsens, auf dem die Stadt ruht. Wie in anderen Landschaftsdarstellungen hat Beckmann sich nicht um topographische Genauigkeit bis ins Detail bemüht. Stattdessen boten ihm die Atmosphäre, der Raumeindruck des Südens und das besondere Licht den Anlass für Bilder. Aus diesem Grund verwandelte er die Häuser von Monte Carlo in Farbflecken, die in der flimmernden Sonnenglut wie eine zweite Natur wirken. Für seine Komposition war die Trennung zwischen vorne und unten besonders wichtig. Diese Aufgabe wurde einem Weg zugewiesen. Der gelb-weiße Sandweg läuft wie ein Band durch das breit gelagerte Querformat. Er trennt Nahsicht und Fernblick. Im Sand wird die Kraft der Sonne gespeichert, die ungehindert auf den Garten hinabstrahlt.
Der Landschaftsmaler Beckmann fand neue Lösungen für eine lange zurückreichende Tradition. Im 20. Jahrhundert wirkte diese Gattung der Malerei angesichts der starken abstrakten Strömungen seit Kandinsky, Mondrian, Malewitsch u. v. a. oft überholt. Wie Beckmann verließen Maler wie Pierre Bonnard, Henri Matisse oder Georges Rouault die klassische Perspektive und gestalteten den Raum nach neuen Vorstellungen, die wie bei Beckmann abstrahierende Erfahrungen und Lösungen einbezogen. Entgegen der perspektivischen Tradition betonte Beckmann mit der Anordnung der Komposition in quer gelagerte Streifen ein Übereinander der Raumpläne. Auf diese Weise ersetzte und milderte er das Hintereinander der traditionellen Raumdarstellung.
Die Sehnsucht der Nordeuropäer nach dem Süden datiert schon aus der Antike. Immer wieder fielen Germanen und andere Stämme nach Italien ein. Häufig verdingten sich die "Barbaren" als Söldner für verschiedene römische oder oströmische Herrscher. Sie drangen bis nach Nordafrika oder Spanien. In den Jahrhunderten nach dem Mittelalter führte die Sehnsucht nach Sonne, südlicher Vegetation und angenehmer Lebensart viele Generationen vor allem nach Italien. Wenn der Reiseweg Richtung Süden nach 1937 aus politischen Gründen versperrt war, blieb nur die Erinnerung und die Imagination der südlichen Küste. Die Gemälde der Jahre nach 1936 gestaltete Beckmann oft im Breitformat, als gelagerte Ansichten. Gerade das Gemälde von Monte Carlo von 1936 wirkt wie ein Fenster in die Vergangenheit, gesehen durch Erinnerung und photographische Beschwörung. Die Suche nach malerischer Schönheit brachte Panoramen mit strahlender Farbenpracht hervor. Das unterscheidet die südlichen Ansichten von den noch zahlreicheren Motiven von Nord- und Ostsee. Die Motive von dort wirken elementarer, wilder und dramatischer. Stürme, Gewitter, besondere Wolkenbildungen konnten zur Inspiration dienen. Diese gegensätzlichen Natureindrücke erforderten jeweils andere Kompositionen. Weder im Norden noch im Süden folgte Beckmann den topographischen Gegebenheiten wie die Vedutenmaler früherer Jahrhunderte. Ob die Pflanzen und Gegenstände im Vordergrund des Gemäldes von Monte Carlo in Wirklichkeit so verteilt waren, wie im Bild zu sehen, kann der heutige Betrachter nicht mehr in Erfahrung bringen. Es ist jedoch nur zu deutlich, dass der Baum rechts und das Dreieck aus Stein links wie Haltepunkte die Ränder der Komposition festhalten, so dass sich die Sicht auf Stadt und Meer umso eindrucksvoller in Szene setzen ließ.
Ungefähr zehn Jahre früher hatte Beckmann 1927 den Hafen von Genua, den er von Paris kommend 1926 gesehen hatte, gemalt. Dort eine belebte Hafenstadt, zu den Weltmeeren hin geöffnet. Hier in Monte Carlo das Paradies, eine Erinnerung an den biblischen Garten Eden.
Als Beckmann später in Amerika reiste, entstand 1950 eine Ansicht von San Francisco, wieder eine Stadt am Meer, diesmal den Pazifik. Diese energiegeladene Landschaft scheint zu vibrieren. An diesen Beispielen lässt sich gut Beckmanns Stilwandel über die Jahrzehnte verfolgen. Von dem kühlen Blick auf Genua, realisiert in einer geschmeidigen Farbe entwickelt sich nach 1930 ein lockerer Farbauftrag, der die Sachlichkeit der zwanziger Jahre verlässt. In seinem Todesjahr 1950 betonte Beckmann mit den kräftigen, schwarzen Konturen das Gerüst einer Komposition, wie die Ansicht von San Francisco zeigt. Das Gemälde mit dem Motiv aus Monte Carlo befindet sich in der Mitte dieser Entwicklung. Auch hier steht der Betrachter vor einem Stadtporträt. Dieses wurde jedoch überstrahlt von einer Sehnsucht nach dem wirklichen Erlebnis, das dem Maler verwehrt blieb.
Beckmanns Kunst drang in das Sichtbare ein, bis das Wesentliche eines Motivs erscheinen konnte. Garten, Weg, Stadt und Meer bilden eine farbengesättigte Welt, die von einem möglichen Glück träumt.
(Prof. Dr. Siegfried Gohr)
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Inventar Nummer: 76000-557
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