Los 33 | Tom Wesselmann | "Monica with Lichtenstein (Floral Wallpaper)"

WESSELMANN, TOM
1931 Cincinnati, OH/USA - 2004 New York

Titel: "Monica with Lichtenstein (Floral Wallpaper)".
Datierung: 1988/90.
Technik: Emaille auf Aluminium Cut-Out.
Maße: 130 x 192,5 x 0,5cm.
Bezeichnung: Signiert und datiert verso oben links: Wesselmann 90. Hier zudem bezeichnet, signiert, datiert und betitelt: N84 TOM WESSELMANN 1988/90 MONICA WITH LICHTENSTEIN (FLORAL WALLPAPER). Darunter mit Angaben zum Installationsaufbau.

Dem Werk liegt ein vom Künstler signiertes Fotozertifikat bei.

Provenienz:
- Galerie Benden & Klimczak, Köln
- Galerie Vonderbank, Frankfurt a. M.
- Privatsammlung Hessen (seit 2000)

Ausstellungen:
- Sidney Janis Gallery, New York 1992

Literatur:
- Ausst.-Kat. New Metal Paintings, Sidney Janis Gallery, New York 1992, o.S., o.Abb.

- Seltenes Unikat eines Steel-Cut mit äußerst attraktivem Motiv in beeindruckender Größe
- Wesselmanns Steel-Cuts verschieben die Grenzen zwischen Zeichnung und Skulptur und entfalten eine starke räumliche Präsenz
- Wesselmann gilt als bedeutender Vertreter der New Yorker Pop-Art-Bewegung
- Die Darstellung selbstbewusster Frauen sind zum Markenzeichen des Künstlers geworden

"I anticipated how exciting it would be for me to get a drawing back in steel. I could hold it in my hands. I could pick it up by the lines, off the paper. It was so exciting. It was like suddenly I was a whole new artist."
(Tom Wesselmann, in: Tom Wesselmann Finds a New Medium, www.denverartmuseum.org, 16.07.2014)

Als Tom Wesselmann in den 1960er Jahren als Künstler auftrat, wurde er mit seiner kühnen, neuartigen Genremalerei sofort zu einem der Vorreiter der Pop Art. Zusammen mit Andy Warhol, Claes Oldenburg und Roy Lichtenstein hatte Wesselmann den Triumphen des Abstrakten Expressionismus wenig hinzuzufügen und wandte sich stattdessen der Figuration und dem visuellen Potenzial populärer Bilder zu, um eine neue künstlerische Richtung zu finden, die wahrhaftig seiner Zeit und seinem Umfeld entspricht. Er widmete seine Karriere der Umwandlung von allgemein bekannten populären Bildern in lebendige Pop-Art-Kunstwerke in verschiedenen Größen und Medien. In einer Zeit, in der sich die Künstler dem Abstrakten Expressionismus zuwandten, fand Wesselmann zu seinem kontrastreichen klaren Ansatz in den Darstellungen von Akten, Stillleben, Landschaften und Alltagsgegenständen. Wesselmanns unverwechselbarer Stil zeichnet sich durch flache Farben, scharfe Linien und stark stilisierte Darstellungen aus.

Zu Beginn der 1980er Jahre entwickelt Wesselmann mit den sogenannten "Steel-Drawings" eine absolut neuartige künstlerische Technik. Mit dem Mechaniker Alfred Lippincott entwickelt Wesselmann nach intensiver Zusammenarbeit eine Methode, welche den Stahl mit höchster Präzision mit einem Laser schneidet. Die auf die teils monumentalen Metallplatten maschinell oder von Hand skizzierten Zeichnungen, welche auf im Vorgang angelegten und vergrößerten Vorzeichnungen beruhen, konnte er so Millimeter genau herausschneiden. Diese "Cut-Outs" brachte der Künstler dann auf die Wand und lackierte insbesondere die Unikate der Serie mit der Sprühpistole mit Emaille-Farbe von Hand.
In den scherenschnittartigen Metallobjekten gelingt es Wesselmann seinen Zeichenstil in seiner ganzen Spontanität, Skizzenhaftigkeit und Klarheit zu erfassen. Auf die Wand als eine Art Skulptur oder Wandrelief übertragen, beziehen die Arbeiten immer auch den Raum und die Lichtsituation mit ein. Das fein angelegte Liniengefüge zeichnet zudem, je nach Lichteinfall, einen anderen Schatten auf die Wand dahinter. Die Arbeiten unterliegen so einer stetigen Entwicklung durch den Tag. Sie sind somit auch als schlüssige Weiterentwicklung seiner früheren "shaped canvases" und Rauminstallationen zu sehen.
In seinem umfangreichen Werk bezieht sich Wesselmann regelmäßig auf Größen der Kunstgeschichte und auch Künstlerkollegen wie Roy Lichtenstein oder Andy Warhol. Eine große Faszination Wesselmanns bestand für Henri Matisse über den er sagte: "Ich kann nicht über Matisse sprechen, ohne über mich selbst zu sprechen. Er ist der Maler, den ich am meisten verehrt habe und immer noch verehre." (der Künstler in: 13 Quotes from Artist Tom Wesselmann, www.denverartmuseum.org, 19.06.2014). Die Beschäftigung mit dem Künstler, die bereits in der Serie "Great American Nude" von 1961 zu sehen ist, zeigt Wesselmanns tiefe Wertschätzung für Matisse' Kunst und seinen Wunsch, mit dem Meister in einen kreativen Dialog zu treten. Wesselmanns Faszination für Matisse beschränkte sich nicht nur auf die weibliche Form, sondern erstreckte sich auch auf die Erforschung von Farbe, Strich, Form und Komposition. Dies wird auch in der hier angebotenen Arbeit deutlich, welche sicherlich auch technisch vergleichbar zu Matisse' späten Scherenschnitten ist. Wesselmann lädt den Betrachter ein, über die Art und Weise nachzudenken, wie die weibliche Form im Laufe der Geschichte dargestellt wurde. Neben den "Odalisken-Bildern" von Matisse (vgl. Abb. 1) kommt einem direkt die "Olympia" von Manet (vgl. Abb. 2) oder die "Venus von Urbino" von Tizian in den Sinn. Es entsteht so ein visuelles Gespräch zwischen Wesselmann und seinen Vorgängern, dass die Zeit überschreitet.
"Monica with Lichtenstein (Floral Wallpaper)" zeigt die Dargestellte in einer verführerischen Pose mit fast vollständig geöffnetem Gewand. Ihre sinnlichen Lippen und die entblößte Brust verstärken die erotische Intimität und ihre Körpersprache vermittelt ein Gefühl von Ruhe, Vertrauen und Entspannung. Es handelt sich um Wesselmanns langjährige Assistentin, Modell und Muse Monica Serra, die durch ihr schwarzes, boblanges Haar und ihre roten Lippen zu einer erkennbaren Figur in seinem Werk und zu einer Art Ikone der Pop-Art wurde. Stahlschnitte, die sie darstellen, sind die begehrtesten auf dem Markt, und das vorliegende Werk ist ein besonders schönes und komplexes Beispiel.
Wie auch in anderen Werken lässt Wesselmann die Augen des Modells weg, was ein Gefühl der Anonymität vermittelt und es der Fantasie des Betrachters überlässt, das Werk zu vollenden. Ihr an die Seite setzt der Künstler ein Gemälde Roy Lichtensteins auf einer wiederrum zu Matisse vergleichbaren Blumentapete. Es handelt sich um das Gemälde "Modern Painting with Bolt" von 1967 (vgl. Abb. 3), welches sich heute als Geschenk der Sidney Janis Collection im New Yorker MOMA befindet. Sidney Janis war der langjährige Galerist Wesselmanns, welcher auch das hier angebotene Werk 1992, mit vielen der heute bedeutsamsten Metallarbeiten des Künstlers, in seiner Galerie zeigte. Das Zusammenspiel von Monicas fast gesichtsloser, nackter Figur im Vordergrund und dem kunstvollen Gemälde Roy Lichtensteins von Janis als Hintergrund erzeugt ein Gefühl von Tiefe und Komplexität, das sowohl visuell beeindruckend als auch intellektuell anregend ist. Die abstrakt konkrete Bildsprache des Gemäldes mit dem von oben in das Werk eintretenden Blitz und den horizontal verlaufenden Wellen bringt zudem Bewegung und Unruhe in die Komposition.

Wesselmanns Oeuvre wurde weltweit in retrospektiven Ausstellungen gezeigt und ist in vielen bedeutenden amerikanischen Sammlungen, wie z.B. des Museum of Modern Art in New York, des Virginia Museum of Fine Arts in Richmond, des Cincinnati Art Museum und des Montreal Museum of Fine Arts, als fester Bestandteil der dauerhaften Ausstellungen vertreten. Heute gelten seine "Steel-Drawings" als Kernstücke des umfangreichen Gesamtwerkes und als das Medium, das am engsten mit seiner Praxis verbunden ist. "Monica with Lichtenstein (Floral Wallpaper)" ist hierfür ein ikonisches Beispiel und steht exemplarisch für das langjährige Engagement des Künstlers, die Grenzen dessen, was ein neues Medium bieten kann, auf neue und dynamische Weise zu erweitern. Das Werk steht für seine lebenslange Auseinandersetzung mit dem Akt und für sein Bestreben, über die klassische flache Malfläche hinaus in den Raum zu gehen. Es ist absolut marktfrisch und bietet die Gelegenheit, eines der besten Exemplare des Künstlers zu erwerben, ein unverzichtbares Unikat und eine wunderbare Ergänzung für jede bedeutende Pop-Art Sammlung.