Evening Sale, Modern, Post War & Contemporary
| Auktion | 29.11.2023
| Vorbesichtigung:
24.11.2023 -
27.11.2023
Los ist verkauft
Los 42 | Lovis Corinth | Stillleben Metall
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CORINTH, LOVIS
1858 Tapiau/Ostpreußen - 1925 Zandvoort
Titel: Stillleben Metall.
Datierung: 1910.
Technik: Öl auf Leinwand.
Maße: 77 x 50cm.
Bezeichnung: Signiert und datiert rechts mittig: LOVIS CORINTH 1910.
Rahmen/Sockel: Modellrahmen.
Provenienz:
- Dr. Pater, Königsberg
- Stadträtin Lemmel, Königsberg
- Dr. A. Sonnenburg, Berlin
- Gemälde-Galerie C. Nicolai, Berlin (Aufkleberfragment)
- Galerie Franz Brutscher, München
- Galerie Aenne Abels, Köln (Aufkleberfragment)
- Privatsammlung
Ausstellungen:
- Kunstsammlung Stadt Königsberg, 1924
- Galerie Aenne Abels, Köln 1956
Literatur:
- Berend-Corinth, Charlotte: Lovis Corinth - Die Gemälde, Werkverzeichnis, neu bearbeitet von Béatrice Hernad, München 1992 (2. Aufl.), WVZ.-Nr. 440, Abb.
Drei Metall-Gegenstände hat Lovis Corinth hier auf einem Tisch arrangiert. Sie geben dem Stillleben den Namen. Eine Messingkanne, ein glänzend aufpolierter Zinntopf mit Deckel und eine bronzene Figur bilden den Dreiklang, mit dem der Maler sich selbst herausforderte und mit dem er seine virtuosen Fähigkeiten unter Beweis stellte. Ergänzt werden diese Drei durch die ebenfalls harte, durch den Prismenschliff aber ganz anders das Licht reflektierende, blaue Bleikristall-Vase mit zwei üppigen, hellrosa-farbenen, großblütigen Chrysanthemen. Eine ockergelbe Wand schließt den Innenraum, in dem sich dieses Arrangement befindet, in der Tiefe ab. Andere Elemente im Hintergrund sind nur vage angedeutet. Ihre Farbwerte sind für die Komposition wichtig, sie lenken aber nicht von der Konzentration auf den Vordergrund ab.
Die Lichtquelle, die das Arrangement in ein warmes Licht taucht, liegt schräg rechts, außerhalb des Bildraums. Mit kühnen Pinselstrichen modelliert Corinth die glänzenden Gefäße. Die Farben Rot, Braun, Gelb und Weiß, pastos und additiv aufgetragen, ergeben das brillante Messing, in dem sich die bronzene Figur spiegelt. Das kühle Blau, Schwarz, Weiß und graue Mischtöne nutzt er für das Zinngefäß, wobei sich auch hier Reflektionen der rotbraunen Tischplatte in der Wandung spiegeln. Ganz anders gibt Corinth die optische und haptische Beschaffenheit der Bronze wider. Es gibt hellere Partien, mit mehr Grün-Anteil, sparsam mit Weiß und Gelb gehöht und dunklere, schwärzliche Bereiche, die dem Licht abgewandt sind. Ein starker Schattenwurf auf dem Sockel markiert den Lichteinfall deutlich. Die obere Bildhälfte dominieren die beiden fedrigen Blütenköpfe, die wie ein Feuerwerk das Licht bündeln.
Die wie zufällig auf dem Tisch versammelten Objekte haben als Gesamtkomposition eine ungemein starke Präsenz. Sie berühren jeweils fast die Grenzen des Bildraums; ganz nah hat der Künstler den Bildausschnitt gewählt, ein minimaler Farbraum trennt die Objekte von der Realität außerhalb des Bildes.
Dieses eindrucksvolle Stillleben malte Lovis Corinth 1910, auf dem Zenit seines Ruhms. Der Sohn eines gutbürgerlichen Gerberei- und Landwirtschafts-Unternehmers aus der Ostpreußischen Provinz hatte in Königsberg, München, Antwerpen und Paris die bestmögliche künstlerische Ausbildung genossen. Nach einer ersten Phase in Berlin, Ende der 1880er Jahre, ließ Corinth sich zunächst in München nieder. Dort geriet er jedoch mehr und mehr in die Flügelkämpfe des Kunstbetriebes. Und Berlin zog ihn an. Dort zeigte er seit Anfang der 1890er Jahre erfolgreiche Ausstellungen in den Galerien Fritz Gurlitts und Eduard Schultes. Sein Freund Walter Leistikow vermittelten ihm einträgliche Portrait-Aufträge der Berliner Gesellschaft und 1901 übersiedelte Corinth endgültig in die Reichshauptstadt. Im selben Jahr stellte er in der Galerie Paul Cassirers aus und wurde Mitglied der Berliner Sezession, bald schon deren Vorstandsmitglied. Die Zusammenarbeit mit Paul Cassirer gestaltete sich besonders erfolgreich. Zum einen vermittelte der Galerist und Verleger Ausstellungen Corinths in andere deutsche Städte, zum anderen verkaufte er fertige Bilder des gefeierten Meisters direkt aus dem Atelier. In Paul Cassirers Galerie begegnete Corinth aber auch den Arbeiten von Cezanne und Manet, die ihn begeisterten. In seiner Pariser Zeit waren die modernen impressionistischen Strömungen von dem jungen Kunststudenten noch nicht wahrgenommen worden.
Heute wird Lovis Corinths Kunst gerne mit dem Etikett des Spät-Impressionismus versehen. Tatsächlich sah er selbst seine Wurzeln als kraftvoll die Form auflösender Kolorist aber eher in seiner Auseinandersetzung mit den "Alten Meistern" des 17. Jahrhunderts, mit Rubens, Rembrandt und vor allem Frans Hals: "Der Frans Hals hat genauso gemalt, der Kerl, wie ich. Ich brauche mich gar nicht zu verstellen" schrieb er 1907 an seine Frau. (in: Brief Lovis Corinth an Charlotte Berend-Corinth, 7.9.1907, zitiert nach: (in: Brief Lovis Corinth an Charlotte Berend-Corinth, 7.9.1907, zitiert nach: Ausst.-Kat. Lovis Corinth und die Moderne, Musée d'Orsay, Paris/Museum der bildenden Künste, Leipzig/Kunstforum Ostdeutsche Galerie, Regensburg, Bielefeld 2008, S. 35).)
Ein großer Unterschied zu den Impressionisten ist allerdings, dass Lovis Corinth immer auch Historienmaler war. Mythologische, antike oder christliche Geschichten setzte er nicht überhöht, sondern naturalistisch mit seinem flirrend kraftvollen Pinselduktus in Szene. Dabei waren die Gestalten von Bacchus und seinem Gefolge für Corinth ein immer wieder bearbeitetes Thema. Im Gott des Weines und des Rauschs sah Corinth wohl auch sein "alter Ego"; mehrfach hat er sich selbst als Bacchus portraitiert.
Die bacchantische Seite Corinths, des unangepassten Normensprengers, findet sich auch in diesem Gemälde. Denn bei der Statuette handelt es sich um die Bronze-Replik eines antiken, ein Öllicht tragenden Silens, der in Pompeji gefunden wurde (Foto). In mindestens zwei weiteren Stillleben hat Lovis Corinth diese Leuchter-Figur verwendet, die für ihn vermutlich eine spezielle Bedeutung hatte. Dieses Stillleben mit seinem teils eruptiven Pinselduktus ist ein deutlicher Beleg für die Bedeutung, die Lovis Corinth für die moderne gegenständliche Malerei in Deutschland hat.
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1858 Tapiau/Ostpreußen - 1925 Zandvoort
Titel: Stillleben Metall.
Datierung: 1910.
Technik: Öl auf Leinwand.
Maße: 77 x 50cm.
Bezeichnung: Signiert und datiert rechts mittig: LOVIS CORINTH 1910.
Rahmen/Sockel: Modellrahmen.
Provenienz:
- Dr. Pater, Königsberg
- Stadträtin Lemmel, Königsberg
- Dr. A. Sonnenburg, Berlin
- Gemälde-Galerie C. Nicolai, Berlin (Aufkleberfragment)
- Galerie Franz Brutscher, München
- Galerie Aenne Abels, Köln (Aufkleberfragment)
- Privatsammlung
Ausstellungen:
- Kunstsammlung Stadt Königsberg, 1924
- Galerie Aenne Abels, Köln 1956
Literatur:
- Berend-Corinth, Charlotte: Lovis Corinth - Die Gemälde, Werkverzeichnis, neu bearbeitet von Béatrice Hernad, München 1992 (2. Aufl.), WVZ.-Nr. 440, Abb.
Drei Metall-Gegenstände hat Lovis Corinth hier auf einem Tisch arrangiert. Sie geben dem Stillleben den Namen. Eine Messingkanne, ein glänzend aufpolierter Zinntopf mit Deckel und eine bronzene Figur bilden den Dreiklang, mit dem der Maler sich selbst herausforderte und mit dem er seine virtuosen Fähigkeiten unter Beweis stellte. Ergänzt werden diese Drei durch die ebenfalls harte, durch den Prismenschliff aber ganz anders das Licht reflektierende, blaue Bleikristall-Vase mit zwei üppigen, hellrosa-farbenen, großblütigen Chrysanthemen. Eine ockergelbe Wand schließt den Innenraum, in dem sich dieses Arrangement befindet, in der Tiefe ab. Andere Elemente im Hintergrund sind nur vage angedeutet. Ihre Farbwerte sind für die Komposition wichtig, sie lenken aber nicht von der Konzentration auf den Vordergrund ab.
Die Lichtquelle, die das Arrangement in ein warmes Licht taucht, liegt schräg rechts, außerhalb des Bildraums. Mit kühnen Pinselstrichen modelliert Corinth die glänzenden Gefäße. Die Farben Rot, Braun, Gelb und Weiß, pastos und additiv aufgetragen, ergeben das brillante Messing, in dem sich die bronzene Figur spiegelt. Das kühle Blau, Schwarz, Weiß und graue Mischtöne nutzt er für das Zinngefäß, wobei sich auch hier Reflektionen der rotbraunen Tischplatte in der Wandung spiegeln. Ganz anders gibt Corinth die optische und haptische Beschaffenheit der Bronze wider. Es gibt hellere Partien, mit mehr Grün-Anteil, sparsam mit Weiß und Gelb gehöht und dunklere, schwärzliche Bereiche, die dem Licht abgewandt sind. Ein starker Schattenwurf auf dem Sockel markiert den Lichteinfall deutlich. Die obere Bildhälfte dominieren die beiden fedrigen Blütenköpfe, die wie ein Feuerwerk das Licht bündeln.
Die wie zufällig auf dem Tisch versammelten Objekte haben als Gesamtkomposition eine ungemein starke Präsenz. Sie berühren jeweils fast die Grenzen des Bildraums; ganz nah hat der Künstler den Bildausschnitt gewählt, ein minimaler Farbraum trennt die Objekte von der Realität außerhalb des Bildes.
Dieses eindrucksvolle Stillleben malte Lovis Corinth 1910, auf dem Zenit seines Ruhms. Der Sohn eines gutbürgerlichen Gerberei- und Landwirtschafts-Unternehmers aus der Ostpreußischen Provinz hatte in Königsberg, München, Antwerpen und Paris die bestmögliche künstlerische Ausbildung genossen. Nach einer ersten Phase in Berlin, Ende der 1880er Jahre, ließ Corinth sich zunächst in München nieder. Dort geriet er jedoch mehr und mehr in die Flügelkämpfe des Kunstbetriebes. Und Berlin zog ihn an. Dort zeigte er seit Anfang der 1890er Jahre erfolgreiche Ausstellungen in den Galerien Fritz Gurlitts und Eduard Schultes. Sein Freund Walter Leistikow vermittelten ihm einträgliche Portrait-Aufträge der Berliner Gesellschaft und 1901 übersiedelte Corinth endgültig in die Reichshauptstadt. Im selben Jahr stellte er in der Galerie Paul Cassirers aus und wurde Mitglied der Berliner Sezession, bald schon deren Vorstandsmitglied. Die Zusammenarbeit mit Paul Cassirer gestaltete sich besonders erfolgreich. Zum einen vermittelte der Galerist und Verleger Ausstellungen Corinths in andere deutsche Städte, zum anderen verkaufte er fertige Bilder des gefeierten Meisters direkt aus dem Atelier. In Paul Cassirers Galerie begegnete Corinth aber auch den Arbeiten von Cezanne und Manet, die ihn begeisterten. In seiner Pariser Zeit waren die modernen impressionistischen Strömungen von dem jungen Kunststudenten noch nicht wahrgenommen worden.
Heute wird Lovis Corinths Kunst gerne mit dem Etikett des Spät-Impressionismus versehen. Tatsächlich sah er selbst seine Wurzeln als kraftvoll die Form auflösender Kolorist aber eher in seiner Auseinandersetzung mit den "Alten Meistern" des 17. Jahrhunderts, mit Rubens, Rembrandt und vor allem Frans Hals: "Der Frans Hals hat genauso gemalt, der Kerl, wie ich. Ich brauche mich gar nicht zu verstellen" schrieb er 1907 an seine Frau. (in: Brief Lovis Corinth an Charlotte Berend-Corinth, 7.9.1907, zitiert nach: (in: Brief Lovis Corinth an Charlotte Berend-Corinth, 7.9.1907, zitiert nach: Ausst.-Kat. Lovis Corinth und die Moderne, Musée d'Orsay, Paris/Museum der bildenden Künste, Leipzig/Kunstforum Ostdeutsche Galerie, Regensburg, Bielefeld 2008, S. 35).)
Ein großer Unterschied zu den Impressionisten ist allerdings, dass Lovis Corinth immer auch Historienmaler war. Mythologische, antike oder christliche Geschichten setzte er nicht überhöht, sondern naturalistisch mit seinem flirrend kraftvollen Pinselduktus in Szene. Dabei waren die Gestalten von Bacchus und seinem Gefolge für Corinth ein immer wieder bearbeitetes Thema. Im Gott des Weines und des Rauschs sah Corinth wohl auch sein "alter Ego"; mehrfach hat er sich selbst als Bacchus portraitiert.
Die bacchantische Seite Corinths, des unangepassten Normensprengers, findet sich auch in diesem Gemälde. Denn bei der Statuette handelt es sich um die Bronze-Replik eines antiken, ein Öllicht tragenden Silens, der in Pompeji gefunden wurde (Foto). In mindestens zwei weiteren Stillleben hat Lovis Corinth diese Leuchter-Figur verwendet, die für ihn vermutlich eine spezielle Bedeutung hatte. Dieses Stillleben mit seinem teils eruptiven Pinselduktus ist ein deutlicher Beleg für die Bedeutung, die Lovis Corinth für die moderne gegenständliche Malerei in Deutschland hat.
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